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Rede des Brautvaters anlässlich der Heirat von Jana und Christopher

14. August 2009

 

Liebe Gäste,

Jana und Christopher haben im Vorfeld den Wunsch geäußert, eine möglichst kurze Rede zu ihrer Hochzeit zu hören; diesem Wunsch möchte ich nachkommen und hier ist sie also, die 20-Sekunden-Wunschrede für Jana und Christopher:

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Wunschrede für Jana und Christopher

am Freitag, den 14.08.2009 im SternChance zur Hochzeit:

„Liebe Jana, lieber Christopher,

ich wünsche Euch beiden gemeinsam mit allen anderen Gästen alles Gute zu Eurer Hochzeit:

Ihr batet mich um eine kurze Rede, die ich hiermit gehalten habe…. und die ich

mit den nun abschließenden Worten beenden möchte:

Mögen viele Eurer zukünftigen Entscheidungen und Aktionen mindestens genauso lange dauern wie diese Rede, aber inhaltsreicher sein…

Ich wünsche uns allen eine schöne Feier!

Vielen Dank!“

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Das war die gewünschte Rede von Jana und Christopher…

Aber auch ich habe eine Wunschrede, die ich sozusagen in einer Art „richter-lichen“ Anhörung vorbringen möchte:

…und nun folgt dann eben meine Wunschrede….

 

Dazu noch ein Hinweis in eigener Sache:

ich werde meinen heutigen Redebeitrag auf die übliche Spielfilmlänge von ca. 90 Minuten begrenzen: da es   in meinem Beitrag keine Werbeblöcke gibt und Ihr auch nicht „wegzappen“ könnt,

nutzt also einfach diese Zeit für wirklich wichtige Dinge wie Pinkeln, Rauchen, Dialog statt Monolog, Vordenken statt Nachdenken…

…und nun beginne ich dann einfach noch einmal ganz von vorn:

 

Liebe Jana, lieber Christopher,

Jutta, Bettina, Carsten und ich gratulieren Euch wie alle anderen auch zu Eurer Hochzeit!

 

„Vier“ alle sind sehr froh, dass Ihr Euch nach diesen für Euch nicht immer einfachen bisherigen elf Jahren gefunden und behalten habt, und wir sind auch sehr froh darüber, dass Ihr Euch gegenseitig (!!) geheiratet habt…

Von daher erstmal eine wunderschöne und gemeinsame Zeit für Euch beide oder, – im Gegenklang zu den Worten „wunderschön“ und „gemeinsam“- vielleicht auch eine ein bisschen „wundersame“ und „gemein-schöne“ Zeit für Euch!

 

Ich gratuliere aber auch im Namen all derer, die örtlich oder vielleicht auch gefühlsmäßig bisher noch nicht hier bei Euch ankommen konnten:

sie sind vermutlich in den letzten Jahren einfach irgendwo auf Ihrem Weg mit oder zu Euch abgebogen oder aber sie stecken schlicht im Stau der Vorbereitungen für die CyClassics von Vattenfall….

Und, bevor wir nun alle zu fröhlich und übermütig werden, vergessen wir auch bitte nicht die Gratulantinnen und Gratulanten, die mit -nennen wir es einmal- „totbringender Sicherheit“ die zwar „gefühlten“, aber leider nicht mehr erlebten, Glückwünsche für Euch überbringen würden:

dazu zählen neben vielen anderen mit Sicherheit Christopher’s Oma Ruth und Jana’s Opa Rudolf.

Sie alle jedenfalls würden sich mit Euch beiden gemeinsam über Eure Hochzeit freuen und ich bin sicher, sie alle feiern irgendwo in unseren Herzen mit uns mit!

 

Hochzeit, was ist das eigentlich?

Der moderne Mensch „ergoogelt“ oder „erbingt“ sich neuerdings die Welt über das Internet und da heißt es bei meinem Freund Wiki:

 

„Hochzeitsfeier beschreibt heute die Ausdrucksformen des Feierns anlässlich der Schließung einer Ehe.“

 

Und dann heißt es weiter:

  • In vielen Kulturen beschränkt sich die Hochzeit nicht auf eine kurze, abgeschlossene Zeremonie. (… und das ist auch der Grund, weswegen ich heute länger reden darf als 15 Sekunden….)
  • Bei der Hochzeit findet in vielen Kulturen ein ritueller Austausch von Gütern oder Diensten statt, diese gehören in vielen Fällen zu den wichtigsten ökonomischen Transaktionen im Leben eines Individuums.

„…dieser Austausch von Gütern und Diensten im Rahmen einer Hochzeit wird besonders gerne von durch Semestergebühren und Nebenjobs gebeutelte Ex-Studenten wahrgenommen, die sich dadurch ein Zubrot für ihre ersten, auf Harz-IV-Ebene vergüteten Anstellungen als Lehrer schaffen können.“

Nun, was diesen Austausch von Gütern und Diensten angeht, habe ich die vereinbarten 3 Kamele, 6 Esel (bis auf den einen, der gerade redet) und die 10 Kisten Warsteiner, die ich nun für Dich, Jana, an Carsten übergeben muss, draußen gelassen…

Hochzeit ist aber auch neben den „Feierlichkeiten, Diensten und Gütern“ eine Absichtserklärung zweier Menschen, die Lebensphasen ganz bewusst mit nur einem Partner zu durchleben:

Dies beginnt ganz harmlos mit der Phase 1 des „Näher-Kennenlernens“, z.B. an einer lauschigen Lagune am Mittelmeerstrand und man könnte diese erste Phase der intensiveren Partnersuche mit dem schlichten Satz kennzeichnen:

„Ich bin verrückt nach Dir!!“

In der Phase 2 wird die Botschaft dann schon direkter etwa dahingehend:

„Ich werd‘ mit Dir noch verrückt!“

Und irgendwann nach der Abklärung und Selbstfindung in der Ehe, denkt sich mancher Partner so für sich im Geheimen ohne es auszusprechen:

„Ich mach mich wegen Dir doch nicht mehr verrückt!“

Letztlich stellen beide dann irgendwann fest, dass sie ganz langsam alt und zunehmend gemeinsam eben genau das geworden sind, nämlich ein wenig verrückt in ihrer gemeinsamen kleinen Zweierwelt der Ehe…

Dieser Prozess des gemeinsamen „Wandels“ beginnt ganz harmlos und meist kaum spürbar im mentalen Bereich und kann nach einigen Ehejahren auf die gesamte Physis übergreifen bis hin zur Selbstaufgabe der beiden Einzelkomponenten:

….keiner macht mehr einen Schritt ohne den anderen, bis beide das Laufen verlernt haben.

Spätestens dann sitzen sie jeden Abend auf ihrem Sofa vor dem TV-Gerät, der Mann zappt und die Frau darf mitgucken…

Der nächste Schritt dieses schleichenden, unaufhaltsamen Prozesses führt im weiteren Eheverlauf in vielen Beziehungen zu völlig schwachsinnigen Namensgebungen manchmal auch in Anlehnung an die geliebten Haustiere, wobei „Schatzi“ für die Frau oder „Purzel“, „Hase “ für den Mann noch verhältnismäßig harmlos erscheinen…

Als eines der abschreckenden Beispiele sei hier ein ehemaliger bayrischer Ministerpräsident erwähnt, dessen Ausführungen über seine Blume Muschi, die vom Gärtner hingerichtet wurde, ja vielen aus dem Internet bekannt sein dürfte.

Hier bin ich froh, dass Bettina zum Glück eine Katzenallergie hat…

Eine Hochzeit ist aber nicht nur eine Art Anpassungsprozess, sondern auch als eine Art Änderungsprozess zu verstehen.

Würde man z.B. einen Unternehmensberater fragen, was Hochzeit für Ihn eigentlich bedeutet, bekämen wir vielleicht die folgende Antwort.

Eine Hochzeit ist ein eindeutiger Fall von “Change-Management“, da gibt es nach der Fusionierung einen Wechsel in den Abläufen und es gibt neue Aufgaben und eben Prozesse nach den 6 großen „W“s:

Wer macht Was Wann Wie oft Warum für Wen?

In vielen tragischen Fällen übernimmt hierbei die arme Ehefrau in ihrer eher tradierten Rolle die Verantwortung für Teilbereiche des häuslichen Lebensbereiches wie z.B. für die Nasszelle bzw. Toilette:

Dies kann dazu führen, dass selbst überzeugte Steh-Pinkler -für gute Freunde kaum nachvollziehbar- nach der Hochzeit zu alternativen Sitzpinklern mutieren; ich habe von Einzelbeispielen gehört, da hat der Mann nach seiner Heirat sogar die Klobrille -wohlgemerkt hinterher – freiwillig aus eigenem Antrieb wieder runtergeklappt.

Die Ehefrau stellt fest, dass der Wasserhahn am gemeinsamen Waschbecken mit einer zusätzlichen Schutzschicht aus angetrockneter Zahnpasta überzogen ist;

auch lässt sich der in den letzten Minuten vor dem Schlafengehen zurückgelegte Weg des Ehemannes vom Badezimmer zum Bett anhand der beiden Socken, der Hose, dem Hemd und bei einigen auch der Unterhose mühelos optisch, zum Teil auch organoleptisch nachverfolgen, bis sie endlich seine zarten Brunftschreie in Form eines bereits tiefen Schnarchens wahrnehmen darf.

Ein weiterer Änderungsprozess im gemein-schönen Eheleben vollzieht sich auch im Hinblick auf den bakteriellen Besatz von Türklinken und Fußböden, wenn der Ehemann nach der erfolglosen Reparatur seines Autos mit seinen leicht eingeölten Händen die schon erwähnte, gerade frisch gereinigte Nasszelle betritt und erneut seine Marke in Form von öligen Dreckrändern im Waschbecken hinterlässt;

oder aber er schließt bei gleichzeitigem Verzehr der vom gestrigen „Spiele-Abend mit guten Freunden“ übrig gebliebenen Pizzastücke jede Tür ordnungsgemäß mit der Klinke, anstatt sie wie bisher entweder schlicht offen zu lassen oder sie einfach wie früher zaghaft mit dem Fuß zuzutreten, als er noch in der anderen Hand das Bier halten durfte…

Im Vergleich dieser Änderungsprozesse und des damit verbundenen Change-Management stellt der frischgebackene Ehemann im Gegenzug fest, dass sich mit der Heirat seine bisherigen Ablagemöglichkeiten im Bad auf ein Zehntel seines ursprünglichen Platzes reduziert haben:

Viele dieser neuen Gegenstände erschließen sich für ihn in dem originären, funktionalen Gebrauch zunächst nicht sofort: und so darf „mann“ eben nicht nach dem 7. Bier den Kajalstift oder den dicken roten Wachsschreiber, der sich so schön schräge rausdrehen lässt für kreative Kurznotizen an der Badezimmerwand verwenden, weil man ja nun im Sitzen viel besser schreiben kann….!!!!!

Tja, …und so entwickelt jedes Ehepaar im Verlauf seines Ehelebens eigene, sehr spezifische Sichtweisen auf Dinge und Aktionen:

ich kenne als Beispiel da ein frisch getrautes Ehepaar, die haben auf ihrer rückwärtigen Terrasse im Grindelhof solange Pfandflaschen gesammelt, bis sie die Hälfte der Kosten ihrer Hochzeitsfeier damit finanzieren konnten… mussten allerdings deswegen die Hochzeit nochmal um ein Jahr verschieben…

Prozesse, Anpassung, Veränderungen, Change-Management, so könnte ich jetzt fortfahren.

Studenten, Rechtsanwälte, Mediziner, Richter, Musiker, Rentner oder Früh-Alkoholiker…, allen von ihnen könnte man nun vergleichbare bon-mots in den antwortenden Mund legen und mit Beispielen Ihrer beruflichen Welten für die Hochzeit von Jana und Christopher verquicken…

Jedenfalls hätte ein Anwalt sicher Schwierigkeiten, bei Jana und Christopher einen wirklichen „Streitwert“ zu erkennen, weil Streit bei Jana und Christopher eben keinen wirklichen, andauernden Wert hat.

Ein Informatiker (oder auch bekannt als „Homo-Informatika“), der in seiner virtuellen Welt des abstrakten Denkens und Fühlen meist alleine bleibt, würde sich vielleicht bei Jana und Christopher fragen:

„Welches Medium konvertiert eigentlich die Fülle von Meta-Daten in Christopher’s fester Kopfplatte in die Stammdatenverwaltung von Jana’s Kleinhirn??

„Wann finden die beiden z.B. zu ihrer 3. Normalform?? oder andersherum gefragt:

„Warum fragmentiert nicht endlich einer von uns die SprachCluster von Jana und Christopher bis zur nicht wiederherstellbaren Unlesbarkeit?“

Diese Antworten, liebe Gäste, könnte vermutlich nur ein Mediziner im Rahmen eines sprachlichen Forschungsprojektes beantworten und die Doktorarbeit über Jana und Christopher hätte vermutlich den Titel:

„Gleichzeitiges Denken, Reden und Zuhören als interaktive Empathie in Bezug auf die Meta-Ebenen gruppendynamischer Akzeptanzprozesse bei der Knoblauch-Zubereitung und gleichzeitiger multipler Getränkeaufnahme in Frankreich“; aber das war ja klar …

Und noch eine Besorgnis erregende Frage sucht ihre Antwort:

„Glaubt Ihr denn wirklich, dass Jana‘s und Christopher’s Kinder jemals das Sprechen erlernen werden, wenn sie doch bei ihren Eltern kaum zu Wort kommen?!

Vielleicht werden sie deswegen später einmal Maler oder Musiker oder in letzter Konsequenz Familientherapeuten, weil sie nur zuhören durften….

Ich jedenfalls bin nun lange genug zu Wort gekommen und damit schließt sich dann mein gedanklicher Exkurs über Prozesse, ChangeManagement durch Hochzeit und allgemeine Gedanken über das langjährige Zusammenleben…

Eure gemeinsame Hochzeit ist zwar leider ein nur einmaliges Ereignis, aber verheiratet zu sein und langsam alt und eben im positiven Sinne gemeinsam „verrückt“ zu werden, wird sicherlich auch für Euch ein langer und schöner „Dauer-Event“ werden.

Nochmals also alles Gute für Euch zwei und uns eine tolle Hochzeitsfeier bis in die Morgenstunden!!

Ihr könnt jetzt die anderen von den Toiletten und von draußen wieder reinholen!!

Prost und viel Spaß uns allen mit Jana und Christopher!!!